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2018: Ein Wahrzeichen für die Stadt – die DITIB Zentralmoschee in Köln 

Die Moschee, die wohl eine der symbolträchtigsten und meistabgebildeten Moscheen unserer Zeit in Deutschland ist, ist die Zentralmoschee des größten muslimischen Verbandes in Deutschland, der DITIB, in Köln. 

Sowohl ihre Architektur wie die Geschichte ihres Baus enthalten das ganze Spannungsfeld, in dem sich Muslime Anfang des 21. Jahrhunderts in Deutschland befinden. 

Schon seit 1996 wurde im Rat der Stadt Köln gefordert, Moscheen aus dem „Hinterhof” herauszuholen und den Islam durch sichtbare Gebäude im Stadtbild zu integrieren. 

2006 entschloss sich die DITIB ihre in einem alten Fabrikgebäude untergebrachte Zentrale mit Moschee durch einen neuen repräsentativen Bau zu ersetzen. Man schrieb einen Architekturwettbewerb aus und besetzte das Preisgericht mit überwiegend nicht-muslimischen Vertretern von Kirchen, Gesellschaft und Politik.  

Das Preisgericht entschied sich für einen Entwurf des Architekten Paul Böhm. In Ihrer Begründung schreibt es: der Entwurf sei „unverkennbar ein Kind der Moderne, jedoch auch ganz unverkennbar eine Moschee“. Gelobt wurde auch die von Glas durchbrochene Kuppel „von hoher räumlicher Qualität“. 

Der Architekt sah die Kuppelform als Ausdruck von Geborgenheit und die Transparenz der Glasfronten als Ausdruck der Offenheit der Gemeinde.  

Unmittelbar nach dem Wettbewerb setzte ein großer Widerstand gegen den Moscheebau ein. Eine ausführlichere Darstellung der Auseinandersetzung findet sich bei Uwe Gerrens – Der Islam sucht seinen Platz (siehe unten). 

Eine der Grundfragen war, wie „orientalisch” bzw. wie „türkisch” darf oder soll ein Moscheebau im 21. Jahrhundert sein. Interessanterweise gleichen sich die Diskussionen um die Integration orientalischer Stilelemente, den Diskussionen um den Bau erster Synagogen ab 1842. (Siehe Synagogen im maurischen Stil). 

Damals, wie heute entschied man sich für einen Mittelweg und wie damals in Dresden Gottfried Semper, war es in Köln ein deutscher Star-Architekt, der den Bau umsetzte. 

Interessant ist, dass das Zitat einer Zentralkuppel, die für eine spezifische Form der osmanischen Architektur steht und auf byzantinische Vorbilder zurückgeht, von einem deutschen (mehrheitlich nicht-muslimischen) Preisgericht als „typisch” für Moscheen gesehen wurde.  Wie im Falle der neo-maurischen Synagogen im 19. Jahrhundert, wurde dieses Zitat sofort von Gegnern des Baus als Beweis der „mangelnden Integrationsfähigkeit” ausgelegt. 

Der türkische Verband begrüßte die Entscheidung des Preisgerichts, da er die symbolische Einbindung osmanischer Elemente als selbstbewusstes Bekenntnis zur eigenen Herkunft verstand. 

Löst man sich von den architektonischen Zitaten unterschiedlicher Herkunft, kann man an der Struktur der Gebäude analysieren, wofür eine Moderne Moscheen stehen sollte. Für eine Ausdrucksform, die der aktuellen Zeit angepasst ist und die Position der Gemeinde ausdrückt. 

Diese Elemente sind zum einen der Einsatz von Glaselementen als Ausdruck von Transparenz und Offenheit. Aber auch breite Zugangskorridore, um die Zugänglichkeit des Gebäudes zu erleichtern.  

Auch, dass man daran denkt, ausreichend Platz für Frauen und Kinder zu schaffen, ist eine der Voraussetzungen für einen modernen Moscheebau.  

Moment mal! Getrennte Bereiche in Moscheen? In manchen – vor allem kleinen Moscheen – ist der Raum für Frauen knapp. Begründet wird dies damit, dass das Gebet in der Moschee nicht verpflichtend für Frauen sei. Dies vernachlässigt jedoch die große Rolle der Frauen bei der aktiven Gemeindearbeit. Erste Lösungen von modernen Moscheen sind vielversprechend. Leider reicht dieser Raum im Zweifel, beispielsweise an Feiertagen, aber immer noch nicht aus. Auch das Verständnis Frauenbereiche als Nebenräume zu definieren, statt sie gleichberechtigt im “Hauptraum” zu integrieren, muss nach wie vor diskutiert werden. 

Außerdem sind Moscheen nicht nur ein Ort für rituelle Gebete, sondern bieten wichtige weitere Dienstleitungen, wie beispielsweise Bildungsaufgaben an. Die Ergänzung von funktionalen Räumen (Schulungsräume, Bibliothek etc.) wurde daher notwendig. 

Gastronomische Angebote und Ladengeschäfte sichern durch Mieteinnahmen nachhaltig den Unterhalt der Moschee und machen sie von Sponsor:innen unabhängiger. 

Eine moderne Moschee ist daher auch sozialer Treffpunkt und Ort des Austausches für ihre Umgebung. Sie soll und wird ein integraler Bestandteil der Gesellschaft sein, für Muslim:innen und Nicht-Muslim:innen. 

Manche Prozesse benötigen Zeit. Die Kölner Zentralmoschee benötigte 12 Jahre, bis sie 2018 eröffnet wurde. Im Vergleich zum Kölner Dom (Bauzeit 632 Jahre) ein sehr geringer Zeitraum, wie Kölner gerne mit einem Augenzwinkern scherzen. 

Viele der Befürchtungen und Missverständnisse konnten seit der Eröffnung geklärt werden. Die Moschee fügt sich inzwischen selbstverständlich ins Stadtbild ein und wird als eines der architektonischen Highlights der Stadt von Touristen besucht. 

Zum Weiterlesen: 

Uwe Gerrens, Der Islam sucht seinen Platz – Der Moscheekonflikt in Köln, in: Klaus Spenlen (Hrsg.), Der Islam gehört zu Deutschland? Fakten und Analysen zu einem Meinungsstreit, Düsseldorf 2013, S. 335 – 368 

https://www.academia.edu/5371058/Der_Islam_sucht_seinen_Platz_Der_Moscheebaukonflikt_in_K%C3%B6ln 

Uta Winterhager, Zentralmoschee in Köln, Bauwelt, 2017 www.bauwelt.de/themen/bauten/Zentralmoschee-Koeln-Paul-Boehm-3038452.html 

Bärbel Beinhauer-Köhler und Claus Leggewie, Moscheen in Deutschland. Religiöse Heimat und gesellschaftliche Herausforderung, München 2009 

Christian Welzbacher, Europas Moscheen – Islamische Architektur im Aufbruch, München 2017 

 Eine kleine Auswahl von Pressestimmen: 

Küpper, Moritz und Vivian Leue, Im Streit eröffnet. Wie die Kölner mit der Zentralmoschee leben, Deutschlandfunk Kultur. 27.9.2019. 

www.deutschlandfunkkultur.de/im-streit-eroeffnet-wie-die-koelner-mit-der-zentralmoschee.1001.de.html?dram:article_id=459765 

Gabriele Fritz, Gabriele, Die lange Geschichte der Kölner DITIB-Moschee, Migazin. 1.10.2018. 

www.migazin.de/2018/10/01/kontroversen-die-geschichte-koelner-ditib  

DITIB Presse, Feierliche Grundsteinlegung für Kölner-Zentralmoschee, DITIB. 10.9.2009 

www.ditib.de/detail1.php?id=171&lang=de  

 Bildnachweis: 

DITIB Zentralmoschee Köln, 2020 

Public domain by wiki Commons 

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:DITIB-Moschee_K%C3%B6ln.jpg