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1957: Die Fazle Omar Moschee Hamburg 

Die erste Moschee, die in der Bundesrepublik Deutschland erbaut wurde, war die Fazle Omar Moschee in Hamburg-Stellingen. 

Sie ist nach der Wünsdorfer Moschee und der Moschee in Berlin-Wilmersdorf, die drittälteste Moschee im Gebiet des heutigen Deutschland. 

Wie in Berlin ist es eine Organisation der Ahmadiyya Bewegung, die die erste ist, der ein Moscheebau an einem Ort gelingt. In Hamburg ist es nicht die Lahore-Ahmadiyya („Ahmadiyya Anjuman Isha’at-i-Islam Lahore“ – AAIIL), sondern die weit größere Ahmadiyya Muslim Jamaat (AmJ), die die Moschee erbaut. 

Die beiden Zweige der Ahmadiyya unterscheiden sich in der Interpretation der Rolle des Gründers der Bewegung Mirza Ghulam Ahmed (1835 –1908).  

Während die AAIIL ihn nur als Reformer ansieht, zählt die AmJ Ghulam Ahmed zu den Propheten und verlässt damit den Mainstream des Islam. 

Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Moschee am 22. Juni 1957 ist sie einer der wenigen Orte in Hamburg, an dem sich Muslime zum Gebet treffen können. Sie wird daher von unterschiedlichen muslimischen Gruppen zum Gebet genutzt.  

Außer ihr gab es nur private Räumlichkeiten, in denen man sich zum Gebet traf und Räume der muslimischen Studierenden (Anfang der 50er Jahre in der theologischen Fakultät, später in der Bornstr. 16a). 

Dies ändert sich im Laufe der 60er und 70er Jahre als weitere Moscheen entstehen.  

Das Jahr 1974 brachte einen weiteren Umbruch für die Gemeinde. In einer unter dem Vorsitz des saudi-arabischen Justizministers einberufenen Konferenz in Mekka, wurde unter Beteiligung von Repräsentanten aller Rechtsschulen und zahlreicher muslimischen Organisationen die Ahmadiyya am 10.05.1974 aus der Gemeinschaft des Weltislam ausgeschlossen. Parallel wurde die Gemeinschaft in Pakistan verboten und litt stark unter Repressionen. 

Zahlreiche Ahmadis fanden im Anschluss Zuflucht in Deutschland, so dass die Gemeinde in Hamburg weiterwuchs. Heute zählt die AmJ laut eigenen Angaben (eigener Website) bundesweit rund 40.000 Mitglieder in 225 Ortsverbänden und unterhält rund 50 Moscheen. Sie repräsentiert damit rund 0,6 % der Muslime, aber fast 15% der als Moscheen erkennbaren Gebetshäuser (Schätzungen gehen von 2.800 Gebetsräumen in Deutschland aus, von denen allerdings nur ca. 350 auch von außen als Moschee erkennbar sind). 

Dies gelingt der AmJ durch eine straff geführte, hierarchisch gegliederte, Organisation, durch (im Vergleich zu anderen Organisationen) höhere Mitgliedsbeiträge und durch die stärkere Rolle der Mission, die sogar als 6. Säule des Islam gesehen wird. 

2013 war ein weiteres bedeutendes Jahr für die AmJ, da sie (zunächst in Hessen, später auch in Hamburg) als “Körperschaft öffentlichen Rechts” anerkannt wurde und somit als Religionsgemeinschaft rechtlich den christlichen Kirchen gleichgestellt wurde. 

Eine der juristischen Kategorien, die bei der Anerkennung von Religionsgemeinschaften als “Körperschaft” eine Rolle spielen, ist, dass sie “auf Dauer und auf Repräsentation” ausgerichtet sind.  

Der Bau der Fazle Omar Moschee und ihre über 65-jährige Geschichte ist daher ein erster wichtiger Beleg für die Präsenz und dauerhafte Aktivität der AmJ in der Bundesrepublik Deutschland. 

Zum Weiterhören: 

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat: Bald 100 Jahre Islam in Deutschland Sendung vom 09.10.22 bei swr2 Glauben 

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/die-ahmadiyya-muslim-jamaat-bald-100-jahre-islam-in-deutschland-100.html

Zum Weiterlesen: 

Selbstdarstellung der Ahmadiyya Deutschland: https://ahmadiyya.de/ahmadiyya/einfuehrung/ 

Burkhard Schäfers Ahmadiyya in Deutschland„Liberal und offen, aber wertkonservativ“ 

https://www.deutschlandfunk.de/ahmadiyya-in-deutschland-liberal-und-offen-aber-100.html Artikel auf Deutschlandfunk.de 23.07.2017 

Burkhard Schäfers, Ahmadiyya in Deutschland – Splittergruppe oder muslimische Elite? Artikel auf Deutschlandfunk.de 28.09.2016 https://www.deutschlandfunk.de/ahmadiyya-in-deutschland-splittergruppe-oder-muslimische-100.html 

Bildnachweis: 

Fotos der Fazle Omar Moschee. Fotograf Michael Pfaff