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1942: Die Wehrmacht beginnt mit dem Aufbau “muslimischer” Einheiten

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion am 22.06.1941, dem Beginn des “Unternehmens Barbarossa”, kommt es sehr schnell zu großen Landgewinnen und zahlreichen Kriegsgefangenen. Im ersten halben Jahr spricht man von ca. 3,5 Mio. gefangenen Soldaten aus der sowjetischen Armee. 

Durch den Erfolg verlängert sich die Front, müssen lange Nachschubwege überbrückt und große Gebiete überwacht und verwaltet werden. Die Wehrmacht braucht dringend Personal.  

Man beginnt also mit dem Einsatz von lokalen Kräften. Diese werden zunächst vor allem als „Hilfstruppen“ eingesetzt (Koch, Stallbursche, Transportwesen, Logistik etc.). 

Hitler wehrt sich allerdings anfangs noch, diese “Hilfskräfte” auch zu bewaffnen. So erteilt er am 16.07.41 den Befehl: “Nie darf erlaubt werden, dass ein anderer Waffen trägt als der Deutsche!” 

Nachdem das Unternehmen Barbarossa ins Stocken gerät und die Deutschen vor Moskau zurückgeschlagen werden, beschäftigt sich die Wehrmacht mit dem systematischen Aufbau von lokalen Einheiten. Am 22.12.1941 erfolgt schließlich Hitlers Befehl zum Aufbau von “Ostlegionen”. 

Nun werden aktiv lokale Freiwillige, aber auch muslimische Kriegsgefangene rekrutiert. Diese werden jedoch eher schlecht ausgerüstet und ausgebildet. Auch die Kampfmoral entspricht bei vielen nicht den Erwartungen. 

Dies mag daran liegen, dass die Kriegsgefangenen zum großen Teil schon Monate in Gefangenenlagern verbracht hatten, die durch Hunger und Seuchen eine Sterbequote von 10% hatten. Die Aussicht diesen Lagern zu entrinnen und als Soldaten besser versorgt zu werden war verlockend und war nicht gleichzusetzen mit dem Willen für die Deutschen zu kämpfen. 

Viele dieser Soldaten begehen schon kurz nach ihrer Rekrutierung Fahnenflucht. Nicht alle betroffenen Volksgruppen verhalten sich jedoch gleich. Die Krimtataren, die noch fester im Islam verwurzelt sind als andere, zeigen viel mehr Engagement, da sie von Stalin lange unterdrückt und verfolgt wurden. 

1942 reagiert man darauf und bemüht sich, sich mehr um die Ostlegionen zu kümmern. Man entdeckt den Islam als bindendes Element und beginnt mit dem Aufbau einer Seelsorge durch Heeresimame, die am Lehrstuhl für Orientalistik in Göttingen ausgebildet werden. Die Heeresimame haben jedoch keinen politischen Auftrag, sondern sind vor allem Seelsorger, die die Soldaten unterstützen sollen. 

Im Laufe der letzten Kriegsjahre kämpfen rund 137-200.000 Muslime in der deutschen Wehrmacht (höhere Schätzungen sind inzwischen widerlegt). Deutlich weniger übrigens als Muslime auf Seiten der Alliierten. Gegen die Deutschen dürften 3-5mal so viele Muslime gekämpft haben, wie auf Seiten der Deutschen. 

Der Wehrmacht gelingt es nicht, den Islam zu missbrauchen, um Muslime generell auf ihre Seite zu ziehen. Einen weiteren Versuch, Religion für sich zu nutzen, unternimmt die Waffen SS (siehe Heinrich Himmlers Sympathie zum Islam). 

 

Zum Weiterlesen:  

Stefan Petke, Muslime in der Wehrmacht und Waffen-SS – Rekrutierung – Ausbildung – Einsatz, Berlin 2021 

David Motadel, Für Prophet und Führer – Die islamische Welt und das Dritte Reich, Stuttgart 2017 

Höpp, Gerhard, „Gefährdung der Erinnerung“. Arabische Häftlinge in nationalsozialistischen Konzentrationslagern, in: Asien, Afrika Lateinamerika 30 (2002), S. 373-386. 

 

Bildnachweis: 

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https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1977-137-20,_Bosnische_SS-Freiwillige_beim_Gebet.jpg