Das Deutsche Wörterbuch der Gebrüder Grimm (Entstanden 1838 – 1961) bezeichnet Kaffee als “culturgeschenk des orients an den occident“.
Hat dies etwas mit dem Islam zu tun? Die ersten, die die belebende Wirkung des Kaffees für sich entdeckten und für die schnelle Ausbreitung des Getränks sorgten, waren jedenfalls muslimische Sufis, die ihre nächtlichen Gebete dank des Kaffees wacher verrichten konnten, ohne durch einen Rausch beeinträchtigt zu sein. Die muslimische Orthodoxie stand dem Kaffee Genuss jedoch meist kritisch gegenüber. Vor allem die Kaffeehäuser als Versammlungsort standen dabei im Fokus.
In den Kaffeehäusern versammelten sich Menschen, um Neuigkeiten auszutauschen oder sich zu unterhalten. Während Besucher miteinander plauderten oder sich mit Brettspielen beschäftigten, erhoben sich Dichter, Derwische oder Geistliche und trugen Gedichte, Geschichten oder Predigten vor. Es entstand ein anerkannter öffentlicher Raum außerhalb von Moscheen.
Es entstand also ein Raum, in dem jeder jeden ansprechen konnte und mit allen Gesprächen führen konnte. Dies schuf auch Raum für politische Gespräche. Kaffeehäuser hatten daher schon von Beginn an eine subversive Kraft und wurden von der Obrigkeit misstrauisch beäugt.
Das erste Kaffeehaus in Deutschland wurde 1673 von einem Holländer namens Jan van Huesden eröffnet. Er erhielt vom Bremer Senat die Erlaubnis für das Brauen und den Ausschank des damals wenig bekannten „außländischen indianischen Getränkes“ im Gebäude des Schütting, dem Sitz der Kaufmannschaft. Bremen und Hamburg sind auch heute noch Sitz bedeutender Kaffeeunternehmen.
Das älteste heute noch bestehende Kaffeehaus Deutschlands ist das 1686 eröffnete „Cafe Prinzess“ (Rathausplatz 2) in Regensburg.
Neben den Kaffeehäusern, die eher Männern vorbehalten waren, erobert der Kaffee auch die Damenwelt. Ein 1715 erschienenes Wörterbuch kennt bereits den Begriff “Kaffeekränzchen”. Die Beliebtheit des Kaffees bei Damen wird von Johann Sebastian Bach in seiner Kaffeekantate (BWV 211) aufs Korn genommen und 1734 im Leipziger Cafe Zimmermann uraufgeführt.
Kaffee wird sehr schnell Teil der Alltagskultur. 1785 schreibt beispielsweise Schiller: „Meine angenehmste Erholung ist bisher gewesen, Richters Caffeehaus zu besuchen, wo ich immer die halbe Welt Leipzigs beisammen finde und meine Bekanntschaften mit Einheimischen und Fremden erweitere.“
Dieses Zitat bringt uns zurück zum Kaffeehaus als neuem öffentlichen Raum. Die Möglichkeit sich in Kaffeehäusern auszutauschen hat eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Französischen Revolution (1789) und der Deutschen Revolution (1848) gespielt.
Das „Kulturgeschenk aus dem Orient“ war also nicht unerheblich an der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft in Europa beteiligt.
Gleichzeitig war den Europäern die Herkunft des Getränkes stets bewusst. Kaffeehäuser waren häufig orientalisch ausgestattet und standen schon von Anfang an für ein kosmopolitisches Flair.
Inzwischen ist Kaffee fester Bestandteil der Abendländischen Kultur. Kaffee dient in kleinen Porzellantassen als Symbol französischen savoir vivre oder italienischer Lebensart, als in Pappbechern serviertes Milchmixgetränk als Symbol des “American Way of Life” oder in Form von Filterkaffee als Symbol einer effektiven Leistungsgesellschaft.
Kaffee in seiner orientalischen Form (gewürzt mit Cardamom und Nelken) beginnt erst in den letzten Jahrzehnten auch in Europa wieder entdeckt zu werden.
Zum Weiterhören:
Unser Podcast:
Kaffee Teil 1: Wie der Kaffee nach Europa kam https://anchor.fm/smf-verband/episodes/Kaffee-Teil-1—Wie-der-Kaffee-nach-Europa-kam-e185mdu
Und Kaffee Teil 2: Wie der Kaffee nach Deutschland kam https://anchor.fm/smf-verband/episodes/Kaffee-Teil-2—Wie-der-Kaffee-nach-Deutschland-kam-e19baif
Bildnachweis:
Cafe Princess Regensburg, Foto: Michael Pfaff Smf e.V. (2022)