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1304: Der erste Deutsch-Türke: Sadik Selim Sultan

Der erste urkundlich erwähnte Deutsche türkischer Herkunft, ist Mehmet Sadik Selim Sultan. Geboren um 1270 kam er im Zuge der Kreuzzüge zur Gefolgschaft eines Deutschen Grafen. Einige Quellen sprechen von einer Kriegsgefangenschaft, wahrscheinlicher sind jedoch andere Berichte, dass Sultan aus dem Orient fliehen musste, da er im Dienst des Deutschen Ritters stand und befürchtete als „Verräter“ in seinem Heimatland verfolgt zu werden. Da die Kreuzzüge spätestens seit dem Fall Akkons 1291 beendet waren, muss er bereits in den 90er Jahren des 13. Jahrhunderts nach Deutschland gekommen sein.  

Er war von großem Wuchs und bekannt für seine Tapferkeit. Er wurde daher als Offizier (Oberst) in den Diensten seines Grafen übernommen. Die Quellen sind sich uneins, wer der Dienstherr von Sadik war. Auch wie und wann er nach Deutschland kam ist unbekannt.  

Urkundlich erwähnt ist seine Hochzeit mit Rebekka Dohlerin 1304 in Brackenheim. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss er daher in den Diensten der „Herren von Magenheim“ gestanden haben. Ein Indiz für die Beteiligung derer von Magenheim an den Kreuzzügen ist das Familienwappen der Magenheims, es zeigt zwei abgewandte silberne Halbmonde auf rotem Grund (siehe unten). 

Die von Magenheims waren Angehörige des Deutschordens, dessen Gründung auf den Dritten Kreuzzug 1190 zurück geht. Zunächst karitativ ausgerichtet, erhält er auch als Ritterorden vor allem durch die Unterstützung des Stauferkaisers Friedrich II. während seines Kreuzzuges wachsende Bedeutung. Der Deutschorden war auch maßgeblich an der Verteidigung Akkons beteiligt. So ist es möglich, dass Sadik über Venedig (dem Hauptsitz des Ordens nach dem Fall Akkons) ins Zabergäu kam.  

Erstaunlich ist, dass er zur Zeit seiner Hochzeit noch Muslim war und doch in der Johanniskirche von Brackenheim getraut wurde, oder zumindest im Kirchenbuch der Gemeinde registriert ist. 

1305 ist seine Konversion zum Christentum in Brackenheim belegt. Er änderte seinen Namen in Johannes Soldan. 

Seine Söhne Eberhardus, Christianus und Melchior stifteten 1344 eine Grabkapelle auf dessen Epitaph folgende Inschrift über Johannes Soldan berichtete:  

„Johannes Soldan moritur anno Christi MCCCXXVIII. / Soldan hic primus moritur Christianus, / Qui Turcico nomine et patria natus, / Sanguine sed Christi hic publice lotus, / Fide, vita, morte sic pie sepultus

Johannes Soldan gestorben im Jahre des Herrn 1328 / Soldan ist als „neuer“ Christ gestorben / der mit türkischem Namen und in türkischem Lande geboren ist / aber als Christ öffentlich getauft wurde / begraben und durch Treue, Leben und Tod geheiligt. 

Obwohl zum Christentum konvertiert machten Soldan und seine Nachkommen kein Geheimnis aus seiner türkischen Abstammung. Ihr Familienwappen weist mit dem Halbmond, Sonne und Sternen auf die Einheit von Orient und Okzident. Die Helmzier wird ergänzt durch die Darstellung des Stammvaters als Türkischer Offizier im Harnisch, mit Schwert und Pfeil und einem Turban auf dem Kopf. 

Während die Grabkapelle in der Brackenheimer Johanniskirche heute nicht mehr vorhanden ist, hat sich im Bogenfeld der Sakristeitür eine jüngere Glasmalerei mit dem Wappen der Soldan erhalten. 

Der Grund, warum wir über Soldan heute noch etwas wissen, liegt zum einen an seinen Nachkommen, wie dem Rechtsanwalt Hans Soldan (1870 – 1940), dessen Stiftung sich der Ausbildung von Rechtsanwälten widmet, den Eigentümern der Soldan Holding, die heute noch unter anderem das bekannte Kräuterbonbon “Em-Eukal” herstellen und zum anderen, dadurch, dass Johann Wolfgang von Goethe über seine Urgroßmutter mütterlicherseits mit der Familie Soldan verwandt ist. 

Einen direkten Nachweis im Sinne eines lückenlosen Stammbaums gibt es zwar nicht, dennoch gilt seit dem 19. Jahrhundert der „türkische Vorfahre“ Goethes als historisch anerkannt.  

Bildnachweis: 

Wappen Familie Soldan in der Johanniskirche (Brackenheim)

Public domain by wiki commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Johanniskirche_(Brackenheim)_Wappen_Familie_Soldan_Süd.jpg