Der siebenjährige Krieg von 1756 bis 1763 war einer der ersten globalen Kriege. Gekämpft wurde in Europa, Nordamerika, der Karibik, im Senegal, Indien und auf den Philippinen.
Die Kriegsparteien waren auf der einen Seite das Bündnis von Großbritannien und Preußen mit weiteren Verbündeten und auf der anderen Seite Frankreich, Habsburg (Österreich), Russland und Spanien mit Ihren Verbündeten.
Der Krieg stellte die Weichen für die nächsten 150 Jahre europäischer Geschichte. Preußen stieg auf zur fünften europäischen Großmacht und Großbritannien zur dominierenden kolonialen Weltmacht.
Vor allem Preußen warb vor und während des Krieges um Unterstützung durch die Osmanen. Das Osmanische Reich zögerte mit einer Annäherung an Preußen, um Spannungen mit den benachbarten Großreichen Österreich und Russland zu vermeiden.
Aber allein das Gerücht, dass sich Preußen mit den Osmanen verbünden könnte, brachte hunderte von muslimischen Soldaten dazu, zu den Preußen überzulaufen. Sie kamen größtenteils aus dem heutigen Polen und der heutigen Ukraine. Während des Krieges bildeten sie das rund 1000 Mann starke Bosniaken-Korps.
Als 1757 der neue Sultan Mustafa III. sein Amt antritt, sendet er aber zunächst eine Delegation nach Wien. Sein Gesandter ist der in Kreta geborene Ahmet Ibrahim Resmi Efendi (geb. ca. 1700 gest. 1783). Seine Gesandtschaftsberichte gehören zu den seltenen Beispielen der Sicht des Orients auf Europa, die bisher ins Deutsche übersetzt wurden.
Über seinen viermonatigen Aufenthalt in Wien berichtet er von der großen Angst der Österreicher, dass Wien von den Preußen erobert werden könnte. Er beobachtet große Gruppenbewegungen und Bittgottesdienste, bei denen Gott, Heiligenstatuen und Heiligenbilder um Unterstützung gegen Preußen gebeten werden.
Trotz des Krieges scheint das Leben der Oberschicht jedoch wenig beeinträchtigt. Er schildert den typischen Tag der Wiener Oberschicht so:
„Man schläft bis mittags, macht nach dem ‚Frühstück‘ einen Ausflug oder Spaziergänge im Grünen, geht abends für drei bis vier Stunden ins Theater oder in die Oper und trifft sich anschließend zu Gesellschaften.“
Angesichts dieses Müßiggangs schätzt er die Verteidigungsbereitschaft gegen die militarisierten Preußen als gering ein. Trotzdem versichert er dem österreichischen Königshaus die Kontinuität der osmanischen Außenpolitik und sich nicht an Preußen annähern zu wollen.
Er beschreibt seine Verlegenheit bei dieser Zusage, da ihm bewusst ist, dass sich preußische Diplomaten zeitgleich in Istanbul um einen Kooperationsvertrag bemühen.
1760 wird schließlich eine preußische Delegation offiziell seitens des Sultans anerkannt und 1761 kam es zu einem ersten Kooperationsvertrag.
1763 schließlich kam es zum Gegenbesuch von Ahmet Resmi Efendi in Berlin. Nach mehrwöchiger Reise über Polen kommt er im November in Weißensee, nördlich von Berlin, an und nimmt sich eine Woche Zeit, um seinen Einzug in die Stadt vorzubereiten.
Über seinen Einzug in Berlin am 9. November 1763 schreibt er selbst: “Die Preußen, die zeitlebens noch keinen Moslem gesehen und von solcher Pracht und solchem Pomp eines Gesandten auch nie dem Namen nach gehört hatten, ein Seltsamkeit liebendes Volk, kamen mit ihren Familien drei bis fünf Tagesreisen herbei (…). Am Tage unseres Einzugs selbst, waren nicht nur die beiden Seiten der Straßen, wodurch wir zogen, sondern auch alle Fenster der drei bis fünf Stock hohen Häuser mit Zuschauern über und über besetzt, und das Gedränge (…) war über alle Beschreibung; so wie das frohe Gesicht und die Ehren mit denen sie uns bewillkommten, (…) alle Maßen übersteigt.” (Gesandtschaftsbericht S. 72)
Nachdem er in Wien den katholischen Glauben und die Verehrung von Heiligen erlebt hat, wähnt er die protestantischen Preußen viel näher am Islam. Etwas zu optimistisch schreibt er: „Die Einwohner, Lutheraner von Religion (…) haben auch keine Bilder in den Kirchen, rühmen sich des Glaubens an den einzigen Gott und sind abgesagte Feinde der Katholiken. Sie leugnen nicht das Prophetentum Mohammeds, und schämen sich nicht zu sagen, dass sie noch Moslem werden wollen.” (Gesandtschaftsbericht S.78)
Ahmed Resmi Efendi bleibt sechs Monate in Berlin. Er wohnt in einem Palais in der Stadt, erhält eine Leibrente, Kutsche und Pferde, um sich frei bewegen zu können.
Alle zwei bis drei Tage erhält er Einladungen bei Prinzen, Ministern und anderen Großen, die ihm „alle Ehren der Gastfreundschaft mit großer Freude erwiesen”.
Er geht ins Schauspielhaus, wo extra für Ihn ein gesondertes Sofa aufgestellt wurde und berichtet sogar von Maskenbällen, bei denen sich Männer und Frauen hinter Masken anonym vergnügen.
Er trifft aber auch mehrmals Friedrich II. (der Große). In diesen privaten Gesprächen drängt ihn Friedrich zu einer stärkeren Allianz. Er schätzt die Kampfkraft seiner Bosniaken und noch viel mehr der Janitscharen, die er gerne als Eliteeinheit auf seiner Seite hätte. An einem Abend erläutert er ihm mithilfe von Landkarten die Vorteile einer Kooperation. Auftragsgemäß antwortet ihm Ahmed Resmi jedoch ausweichend, „ohne die Hoffnung Friedrichs zu enttäuschen”, wie er denkt.
Doch Friedrich II. ist enttäuscht von den Osmanen und nimmt daraufhin eine distanziertere Haltung ein. Es dauert bis zum 19. Jahrhundert, bis sich Preußen und Osmanen wieder stärker annähern und militärisch kooperieren. Trotzdem pflegt man die diplomatischen Kontakte und richtet 1797 eine ständige Vertretung der Osmanen in Berlin ein.
Einen großen Einfluss hat die erste osmanische Delegation jedoch auf das Bürgertum. Nachdem die sogenannte „Turquerie” Anfang des 18. Jahrhunderts vor allem ein Phänomen der absolutistischen Höfe gewesen war, ergreift die Türkenmode nun breitere Teile der Gesellschaft.
Ein Beispiel dieser Türkenmode ist die Musik “alla turca”, also nach türkischer Art, wie Mozarts “Rondo alla turca” 1783, oder die Türkenopern, von denen sicherlich Mozarts „Entführung aus dem Serail” von 1782 die bekannteste ist.
Auch die Kaffeekultur eröffnet dem Bürgertum neue Räume. Kaffeehäuser werden mehr und mehr zu Treffpunkten des Bürgertums und bereiten den Boden für gesellschaftlichen Wandel.
Das Interesse am Orient ist endgültig geweckt. Erste Reisende machen sich auf den Weg in den Orient und ihre Reiseberichte finden großes Interesse. Werke orientalischer Dichter werden ins Deutsche übersetzt und inspirieren deutsche Dichter und Denker.
Zum Weiterlesen:
Des türkischen Gesandten Resmi Ahmet Efendi gesandtschaftliche Berichte von seinen Gesandtschaften in Wien 1757, und in Berlin im Jahre 1763, Berlin 1809 https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10996733?page=5
Bildnachweis:
Der Einzug des türkischen Gesandten Ahmet Efendi in Berlin 09.11.1763
public domain by wiki commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Achmet_Resmi_Greek_Effendi.JPG