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2018: Missgeschick oder Chance für interreligiösen Dialog – Die Al Nour Moschee 

Als Anfang 2013 bekannt wurde, dass die ehemalige evangelische Kapernaumkirche in Hamburg von einem arabisch geprägten Moscheeverein gekauft wurde und in eine Moschee umgewandelt werden sollte, war die erste Reaktion Empörung. Führende Vertreter beider Kirchen (der evangelischen und der katholischen) sprachen von einem „Missgeschick” oder gar von einem „Dammbruch”. Man befürchtete, es könnte der Eindruck entstehen, „das Christentum” würde „vom Islam verdrängt” werden. 

Um dies zu vermeiden, hatte die katholische Bischofskonferenz bereits 2003 und die evangelische Nordkirche bereits 2007 in offiziellen Verordnungen und Handreichungen die Nachnutzung von Kirchen durch Muslime ausgeschlossen. 

Möglich wurde der Kauf des Gebäudes nur, da es bereits 10 Jahre leer stand und an einen privaten Investor verkauft wurde, von dem die muslimische Gemeinde die ehemalige Kirche erwerben konnte. 

Der letzte christliche Gottesdienst fand in der Kirche am 26.12.2002 statt. Anschließend folgte die „Entwidmung” und 2003 der Verkauf an den Privatinvestor. 

Nachdem verschiedene Versuche einer Nachnutzung gescheitert waren und das Gebäude aufgrund des Leerstands immer baufälliger wurde, kam es schließlich zum Verkauf an die Al-Nour Gemeinde. 

Die muslimische Gemeinde hatte sich seit 1993 in einer ehemaligen Tiefgarage im Hamburger Stadtteil St. Georg eingerichtet und war bereits lange auf der Suche nach geeigneteren Räumlichkeiten. 

Der Kauf einer ehemaligen Kirche war ursprünglich nicht beabsichtigt, aber die Möglichkeit endlich aus dem „Hinterhof”, besser gesagt, Keller herauszutreten und sich als sichtbarer Teil der Gesellschaft in würdigen Räumen zu präsentieren, wollte die Gemeinde nutzen. 

Aufgrund der symbolischen Dimension und der Gefahr von negativen Reaktionen ihrer neuen (christlichen und nicht-christlichen) Nachbarn verstand die Gemeinde die Übernahme eines Gebäudes, das zuvor für christliche Gottesdienste genutzt wurde, auch als Verpflichtung zu Dialog und Transparenz.  

Es folgte eine intensive Dialogtätigkeit. Sämtliche Pläne und Baumaßnahmen wurden der Öffentlichkeit vorgestellt. Schon auf der Baustelle wurden regelmäßige Führungen und Gespräche angeboten.  

Man suchte aktiv den Kontakt zu der benachbarten christlichen Gemeinde und wurde mehrfach hierfür ausgezeichnet (gemeinsam mit der evangelisch-lutherischen Gemeinde Hamburg-Horn 2013 den Sozialpreis der Sozial- und Diakoniestation Langenhorn und 2014 den Sonderpreis für interreligiösen Dialog des evangelischen Magazins „Chrismon” sowie 2015 den Bürgerpreis der Stadt Hamburg für den Vorsitzenden der Gemeinde). 

2016 wurde das Projekt vom Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung als „Lernort” in einer Broschüre vorgestellt und gewürdigt. 

Die Umbauarbeiten gestalteten sich aufwendiger und teurer als ursprünglich gedacht, so dass es fünf Jahre dauerte, bis die Moschee am Tag der offenen Moschee, dem 3. Oktober 2018, offiziell eingeweiht wurde. 

Nicht nur durch Dialogangebote zeichnet sich die Moscheegemeinde aus. Projekte der Moschee gemeinsam mit anderen Partnern lauten beispielsweise: „Erfolgreich durch gesellschaftliche und politische Partizipation und Teilhabe”, „Vernetzt und Aktiv – Empowerment alevitischer und muslimischer Organisationen”, „Bildungsangebote zur Medien- und Internetnutzung”. 

Neben den klassischen Aufgaben einer Moschee, wie Koranunterricht, Sprachkursen, Frauen- und Jugendarbeit engagiert sich die Moschee auch in der Wohlfahrtspflege.  

Die gute Arbeit der Moschee hat die Kritiker der Umwandlung einer Kirche in eine Moschee weitgehend verstummen lassen. Es gibt inzwischen zahlreiche Stimmen auch in den christlichen Gemeinschaften, die es begrüßen, dass ein Gotteshaus ein Gotteshaus geblieben ist und dass eine aktive Gemeinde eine wichtige Rolle im sozialen Leben ihres Stadtteils spielt. 

Das Kreuz an der Kirchturmspitze wurde nicht gegen den üblichen Halbmond als Symbol des Islam ausgetauscht, sondern durch den Schriftzug „Allah”. Das Wort, das sowohl Muslime als auch arabische Christen für (den einen) Gott verwenden. 

 Zum Weiterlesen: 

Dr. Michael Ackermann , Eine Kirche wird Moschee, Hamburg 2016 https://www.al-nour.de/docs/lernorte.pdf 

Rechtsverordnung über die Entwidmung, Umnutzung, Fremdnutzung und Veräußerung sowie den Abbruch von Kirchen (EntwidmVO 5.307-101 N), vom 23.02.2007: Zitat: “Die Nutzung durch eine jüdische Gemeinde ist in der Regel zu genehmigen. Die Nutzung durch andere nicht christliche Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften ist nicht genehmigungsfähig. https://www.kirchenrecht-nordkirche.de/pdf/25095.pdf 

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Arbeitshilfen 175: Umnutzung von Kirchen, vom 24. September 2003: Zitat: “Die kultische Nutzung durch nichtchristliche Religionsgemeinschaften (z. B. Islam, Buddhismus, Sekten) ist – wegen der Symbolwirkung einer solchen Maßnahme – nicht möglich. Dies geschieht mit Rücksicht auf die religiösen Gefühle der katholischen Gläubigen.” 

https://www.dbk-shop.de/de/publikationen/arbeitshilfen/umnutzung-kirchen.html.html#files 

 Bildnachweis: 

Al-Nour-Moschee, Zustand nach Umbau im Oktober 2018 

Public domain by wiki commons 

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kapernaum-HH-2018_(04).jpg