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1964: Ein Feiertag führt zu “Verkehrschaos” in Hamburg 

Der 15.02.1964 ist ein kalter Februartag in Hamburg. Die Temperaturen schwanken um den Gefrierpunkt und es ist leicht bewölkt. Es ist Samstag und eigentlich sind am Wochenende keine Verkehrsprobleme rund um die Universität zu erwarten. 

Es ist daher sehr ungewöhnlich, dass die Polizei an diesem Tag gerufen wird, um einen Verkehrsstau aufzulösen. Als sie vor Ort eintreffen sind sie überrascht. Rund 2.500 Menschen “blockieren” die Bornstraße – ruhig und in Andacht versunken. 

Sie waren zusammengekommen, um das Fest des muslimischen Fastenbrechens (Id ul-Fitr) zu feiern und da die Moschee in der Bornstr. 16a zu klein war, wichen sie trotz des kalten Wetters auf die Straße vor der Moschee aus. 

Die Moschee “Haus des Islam” war der Gebetsraum der muslimischen Studenten Hamburgs und fasste maximal 45 Personen. 

Sie war neben der Fazle-Omar Moschee die einzige Moschee in Hamburg und als die Polizei nach einem Verantwortlichen suchte, trafen sie auf den Imam der Moschee Abdul Karim Grimm. 

Der 31-jährige Deutsche hatte sich bereits 1954 in Duala zum Islam bekannt. Als Seemann und als Sportler (Ringer mit einem “Kampfgewicht” von 121 kg) war Grimm viel unterwegs und bestens vernetzt vor allem mit muslimischen Studentengruppen in unterschiedlichen Städten Deutschlands. 

Grimm wurde von den Hamburger Studenten zum Imam der kleinen Moschee gewählt und war der “große Bruder” vieler junger Muslime.  

Auch Grimm war überrascht von dem großen Andrang auf seine Einladung zum Festtagsgebet. Glücklicherweise reagierte die Polizei entspannt und bat Grimm zukünftig die Polizei über die muslimischen Feiertage und die dann potentiell überfüllte Moschee zu informieren, damit die Straße entsprechend abgesperrt und der Verkehr umgeleitet werden kann. 

Diese kleine Anekdote aus dem Alltag der Muslime in den 60er Jahren, gibt uns einige Hinweise auf das muslimische Leben der Stadt und den Wandel in dieser Zeit.

Muslime gab es schon lange in Hamburg. Die älteste konstant in Hamburg lebende muslimische Gruppe sind wohl persische Gewürz- und Teppichhändler, die seit rund 150 Jahren in der Stadt leben.

Nach den Wirren des Weltkriegs, in einer Stadt voller Flüchtlinge, finden sich einzelne Gruppen zusammen. So finden wir Spuren einer Islamischen Gemeinde Hamburg unter der Führung von Omar Schubert schon Ende der 40er Jahre. Anfang der 50er Jahre gründet sich mit der Deutschen Muslim Liga e.V. der erste Verein, der als Institution Muslime und Musliminnen in der Bundesrepublik repräsentiert. 

Muslimische Gebete finden jedoch meist nur in privaten Räumlichkeiten statt. Die ersten, die in der Bundesrepublik für Räume sorgen, in denen regelmäßig gebetet werden kann, sind muslimische Studierende. Der wohl älteste Gebetsraum entstand an der Uni Braunschweig unter der Mensa (1954). In Hamburg trafen sich die Studierenden in Räumen der Theologischen Fakultät, die ihnen am Freitag für den wöchentlichen Gottesdienst zu Verfügung gestellt wurden, ebenfalls seit Mitte der 50er Jahre. Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre gelang es den kleinen Raum in der Bornstraße anzumieten. 

Dieser Raum war lange ausreichend, bis 1963 rund 3.600 Arbeiter aus der Türkei nach Hamburg kamen, die vor allem im Deichbau eingesetzt waren. 

Der Andrang vor dem Haus des Islam 1964 war ein Zeichen für den Bedarf größerer Räumlichkeiten und quasi einer der “Startschüsse” für den Aufbau größerer Strukturen. Auch Abdul Karim wirkte dabei selbstverständlich mit. Der große kräftige Mann war auch bei dem Umbau des Hammonia-Bades mit ganzem Körpereinsatz dabei, aber hiervon an anderer Stelle.  

Zum Weiterlesen: 

Joachim Reinig, Wo entsteht Gemeinde? – Die versteckten Moscheen in Hamburg, Hamburg 2017 

https://plan-r.net/wp-content/uploads/2021/08/versteckte_moscheen_in_hh.pdf

Bildnachweis: 

Abdul Karim Grimm vor dem “Haus des Islam” in der Bornstr. 16a in Hamburg 

Privates Archiv der Familie Grimm.