Nach Karl dem Großen zerfiel das karolingische Reich 843 in drei Teile. Erst unter Otto I. “dem Großen” gelang die Gründung des “Heiligen Römischen Reiches”, das von der Kaiserkrönung Ottos 962 bis zur Niederlage gegen Napoleon 1806 bestand hatte.
Der diplomatische Austausch zwischen den Kalifen aus Andalusien und Otto I. begann bereits 950 unter dem ersten Kalifen Cordobas Abd el-Rahman III.
Die Machtverhältnisse im westlichen Mittelmeer hatten sich zu Beginn des 10. Jahrhunderts dramatisch geändert. In Nordafrika und Sizilien hatten die schiitischen Fatimiden die Macht übernommen und erhoben den Anspruch auf das Kalifat. Im Gegenzug bezeichnete sich der Emir von Cordoba nun selbst als Kalif und “Beschützer der Gläubigen”.
Nachdem es bereits in den 940er Jahren einen Austausch von Diplomaten zwischen dem Byzantinischen Reich und Andalusien gegeben hatte, um potenzielle Bündnisse gegen den gemeinsamen Feind in Nordafrika auszuloten, sandte Abd el-Rahman Gesandte im Jahr 950 auch zum deutsch-römischen Kaiser.
Um den Kontakt zum christlichen Kaiser zu erleichtern, wählte er einen christlichen Bischof, der unter seiner Herrschaft stand, mit der Überbringung einer ersten Botschaft.
Diese wurde jedoch gründlich missverstanden. Anders als die Byzantiner, die schon lange mit muslimischen Herrschern in Kontakt standen, wusste der fränkische Hof nur wenig von diesem “Spanischen König”. Formale Klauseln im Brief des Kalifen, wie das eröffnende “Bismillah” (im Namen Gottes) empfand man sogar als Beleidigung des christlichen Glaubens.
953 sandte man daher den Mönch Johannes von Gorze mit einer scharfen Polemik gegen den Islam nach Cordoba. Glücklicherweise erfuhren die christlichen Einwohner Cordobas vom Inhalt dieses Schreibens und informierten den Hof über einen drohenden Eklat. Der Mönch wurde in einem Schloss außerhalb von Cordoba standesgemäß untergebracht, aber man verhinderte die Audienz beim Kalifen.
In der Zwischenzeit begab sich der Reccemund-Rabi Ibn Zaid, Bischof von Elvira, an den Hof von Otto I., um eine Korrektur des Schreibens zu erreichen.
In der Tat gelingt es Reccemund den ottonischen Hof zu überzeugen, dass der erste Brief ein Missgriff war. Reccemund kehrt mit einem neuen Schreiben Ottos zurück, das keine Angriffe mehr auf den Islam enthielt. Man erhoffte sich nun unter anderem ein gemeinsames Vorgehen gegen arabische Seeräuber, die sich in der Provence nahe Frejus eingenistet hatten.
Nach der Rückkehr von Reccemund konnte 956 (nach über zwei Jahren “Wartezeit”) endlich Johannes von Gorze in feierlicher Audienz empfangen werden. Angesichts des überaus höflichen Empfangs musste der Mönch seine feindliche Haltung revidieren. Er bemerkt überrascht, wie gut der Kalif über das fränkische Reich informiert ist, so dass in mehreren Gesprächen gemeinsame Interessen ausgelotet werden können.
Auch wenn uns diese Geschichte zeigt, dass es im “Abendland” schon Vorurteile und Ressentiments gegen eine “fremde” Religion gegeben hat, zeigt sie doch auch wunderbar auf, dass die Religion letztlich kein Hindernis für diplomatische Beziehungen war.
Im Gegenteil! Das multireligiöse Andalusien konnte Brückenbauer einsetzen, die sich zu beiden Kulturen zugehörig fühlten. Bei allem missionarischen Eifer einzelner christlicher Mönche, haben die weltlichen Herrscher beider Reiche in der Religion kein Hindernis dabei gesehen zu kooperieren.
Zum Weiterlesen:
Helmut G. Walther, Der gescheiterte Dialog: Das Ottonische Reich und der Islam, in: Orientalische Kultur und europäisches Mittelalter/ hrsg. von Albert Zimmermann u. Ingrid Cremer-Ruegenberg, Berlin, 1985, S. 20 – 44
Jacob, Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert, Quellen zur deutschen Volkskunde 1, Berlin 1927. Im Internet unter: https://warburg.sas.ac.uk/pdf/nde5b2287023.pdf
Bildnachweis:
Otto und sein Sohn Ludolf, aus: Bühlau, Friedrich (1862). Die deutsche Geschichte in Bildern (in German). p. PA62
Public Domain by Wikimedia Commons
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Otto_I_62n_140_B_page-0001.jpg
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Fatimiden
Fatimiden waren eine Schiitische (ismaelitische) Dynastie, die von 909 – 1171 in Nordafrika und Vorderasien ein Gegenkalifat zu den Abbasiden errichteten. Sie beziehen sich auf Ihre Herkunft von der Prophetentochter Fatima.